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"entkernen"
und
"Egal auf welchem Plakat, ich lese immer nur David Bowie"
von tzboy und bänd.org
(Tonality) entkernen
Relationismen, Uebertragungen und Mimesis[1] bilden ein "Kernland" der Musik. Programmmusik und Vogelzwitschern aus Synthesizern aber auch "Naturgraeusche zur Entspannung" wie Aktienkurse zu Tonhoehen koennten das belegen. Eine Kulturstiftung behauptet jedoch, Deutschland sei ein Kernland der, zum 'Begriff' gemachten, Neuen Musik.[2] Wobei die Staats-Stiftung mit privaten Stiftungen zusammenarbeitet, womoeglich, um das Land gegenueber Fruchtfleisch und Schale noch fruchtbarer zu machen, denn auch Vertreter der Kapitalseite (z.B. Clemens Boersig) sitzen mit im (Bei)Rat. Klar wird gesagt, was das grosse N im Namen zu bedeuten hat[3]:
"Die stetige Akkumulation an neuen musikalischen
Erfindungen und das Anwachsen archaeologischer Funde
erforderten eine staendige Ausdehnung und Vernetzung
des Territoriums bis hin zu den Peripherien."[4]
Das bedeutet, Kultur als geschichtlich territoriale Frage von Expansion zu behandeln (frei nach Haydn: Meine Musik versteht man ueberall), innerhalb (!) derer tautologisch von der Kunst zur Kunst ein Mehrwert generiert wird:
"Neue Musik laesst sich am ehesten als eine
nicht-normative, offene musikalische Praxis
beschreiben: Eine kuenstlerische Praxis, die
bislang Nebensaechliches, Unbeachtetes, Wertloses
und Profanes zum Gegenstand kuenstlerischer Formung
werden laesst und ihm so den Status von etwas
Wertvollem verleiht, ihm Kunstcharakter gibt."[4]
Diese so herausgestellte Erhoehungs- und Erbauungsthese, welche das Ausserkuenstlerische in das Innerkuenstlerische holt, ist seit Baumgarten Standard. Die Landkarte der Musik hing ueber dem Klavier. Mit Bergen, Suempfen, Meeren, Inseln, Untiefen, jedenfalls kartografierbarem Terrain – welches im Weltmasztab aktivistisch
bevorzugt de-kolonialisiert werden muss, oder gewerkschaftlich als lebendiger "Organismus" (dem bewussten) Tarifverhandlungen unterzogen werden muss, wo Bereichsleiter Orte der Kultur sortieren.[5] Die Erhoehung dieser nicht-normativen, offenen musikalischen Praxis durch die Kunst der praktischen Werbetheorie nun steht im Gegensatz zum realen Tarif von Lehrkraeften, die oft Honorarkraefte sind (im
Vergleich zu anderen deutschen Bundeslaendern in Berlin zu 90 Prozent). Das Ergebnis von Werbetheorie, z.B. der Neuen Musik als Netzwerk, oft Unternehmensphilosophie genannt, nennt die Fachsprache manchmal Copy-Strategie. Sie bildet die Grundlage fuer die Verbalisierung und so weiter der Botschaft. Sie legt den Zusatznutzen (Consumer Benefit) fest, die Begruendung dieses Zusatznutzens und die Tonality (Grundton) fuer diese Strategie. Hier sollen Briefe an den Buergermeister, oder "Gute Arbeit fuer Europa" helfen.[6]
Der Versuch, diesen Territorialisierungston zu entkernen (die geschulte staatliche Stiftung weisz selbstredend auch um die De-Territorialisierung), geht literarisch bzw. lesetechnisch vor. 'Der Inhalt' der Seite 13[7] einer Broschuere der Kulturstiftung der BRD wird zerschliert, auch unter Akzentuierung der dort gesetzten Kernwoerter wie "Kernland", "Gemeinde", "Akteure", "Netzwerkgedanke", indem der uebliche Vorlese-Sprechrhythmus und die Betonung des gesprochenen Textes auf unsicher gespielte Akkorde einer Heimorgel mit Rhythmus- und Akkordbegleitung uebertragen werden, z.B. Fuenfklaenge, die auch fuer Ungeuebte greifbar sind.
Wir spielen im April auf CoLaboRadio (senderberlin.org) die Probeaufnahmen fuer diese Textlesen-Akkord-Uebertragung, sowie eine weitere von einigen Passagen der Seiten 42 und 43 der selben Broschuere, in denen es u.a. um die Rolle der nicht-staatlichen aber
staatsnahen Stiftung Mercator[8] bei der kulturellen Bildung geht. Ausserdem die Studie "Egal auf welchem Plakat, ich lese immer nur David Bowie" von tzboy, bei der ein populaerer Riff Ver-Wendung findet.
"entkernen" ist ein Projekt von tzboy und bänd.org (bänd mit Umlaut "ae"!). tzboy by 38317.tk thematisiert kritische Musikproduktion, bänd.org beschaeftigt sich neben-informatisch mit textuellen Klangkonzepten.
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[1] Jonny Koenig vertonte die "Transrapid-Rede" von Edmund Stoiber,
und aesthetisierte damit ein politisches Marketing zum
A-Rhythmus. Der Besprecher in der Zeitung (FAZ vermutlich) befand
zusammen mit dem Autor auf ein essentialistisches Gefuege von in
den Dingen steckenden Rhythmen, die methodisch in einer
Uebertragung aufs andere Medium generell bezueglich gemacht werden
koennten, so dass in dieser universellen Relation (einer
wortwoertlich taktischen Quantifizierung) alles zu Musik gemacht
werden koenne, was wandelbar und somit hebbar ist.
Johannes Kreidler – »Aktienkurse zu Tonhoehen«, Stipendium der
Kunststiftung Baden-Wuerttemberg, 2013 – 'unterlief' mit
"Product Placements" die Logik der Verguetung nach GEMA. Das
mittels der ordnungsmaeszen Einreichung einer den buerokratischen
Apparat bloszstellenden Ueberanzahl von als zahlungspflichtig
konzipierten Samples. Er schlug so das System mit dessen eigenen
Waffen, ohne es jedoch als solches in Frage zu stellen, sondern
blosz seine Unanpassungsfaehigkeit 'neuen' produktherstellerischen
Verfahren (Sampling, Uebernahmen, Appropriation) gegenueber.
Wo bei Jonny Koenig virtuose Musik relational auf die Rede des
Politikers und auf stolpernde Rhythmisierung verweist, und wo
in der Performance Redemitschnitt und Schagzeugspiel parallel
gefuehrt werden, was in der Mitte mit einem geraden Beat erloest
wird (Stoiber On Drums - Jonny Koenig, http://www.youtube.com/watch?
v=9Vg2h_nW0bA), verweist "entkernen" einerseits auf ein
Un-Vermoegen ohne musikalische Profession, und 'werkimmanent' die
Musik auf den Text, der nicht parallel gefuehrt wird. Koenig
strukturalisiert abstrahierend Rede-Abfolge und -Inhalt
_auf_einander (Schlagzeug wird analog zum Mitschnitt der Rede
gespielt und danach autonom vom Mitschnitt), "entkernen"
abstrahiert von einem Text zur Unlesbarkeit und zur Undeutbarkeit
_von_einander (Akkorde werden so gespielt, dass ihre Setzung an
Sprechen erinnert, umgedrehter Scat) und nimmt die Trennung von
Sprache und Klang auf. Man kann sogar soweit gehen, Koenig
karikiere, tzboy und bänd.org aber misstrauten einer darin
eingebauten Akzeptanz der Figur (des Politikers, der Rede).
Eine den Dingen innewohnende Musik, wie sie von einer
essentialistischen Relationalitaet angespielt wird (vgl. die
Himmelsharmonie, "sphaira" der Pythagoraeer), wird ziemlich banal
zur Moeglichkeit, ueberall die Masze fuer beliebigen, auch
sozial engangierten, Output zu finden. Sie kann als
zunftorientierte Perspektive von Ordnung behandelt werden. Musik
dort zu haben, wo die Modellierung von Daten schon ist. Reales
und Musikreales werden damit nicht nur neu verhandelbar, ihre
Produktion wird als organistische
der Uebertragung handelt somit auch von Verlust in Strategien des
Analogon, der Proportionen – hier der Variante "Kulturstiftung
on Keyboard". Bildhauern und Informationstheorikern als Entropie
bekannt.
(Uebrigens wird die Metalltrommel "Sphaira" als Konkurrenzprodukt
zum "Hang" gehandelt – "am besten ist ihr Klang, wenn sie
warmgespielt im Schosz liegt.")
[2] Kulturstiftung des Bundes. _kultur foerdern!_. Broschuere zum
10jaehrigen Bestehen. Halle, 2013. S. 13.
[3] Vgl. das kleine n der _Kritik der neuen Musik. Entwurf einer Musik