Unsexing FM

Ende Dezember des vergangenen Jahres hatte der Medienrat der Medienanstalt Berlin Brandenburg (mabb) beschlossen, ein ganzes Paket von UKW-Frequenzen neu auszuschreiben. Hintergrund war ein Verfahrensfehler bei der Frequenzzuweisung für Jazzradio gewesen. Da diese erneute Ausschreibung auch die von uns genutzten Frequenzen 88,4 Mhz und 90,7 Mhz betraf, haben auch wir, die Freien Radios Berlin Brandenburg, uns als Anbieter/innengemeinschaft an dem rein kommerziell ausgelegten Bewerbungsverfahren beteiligt. Schließlich sah das von der mabb angeworfene Frequenzkarussell vor, uns zum Dezember 2025 aus dem Berliner und Brandenburger UKW-Band zu entfernen. Am 24. April hat nun der Medienrat entscheiden. Hierzu ein Kommentar aus der Redaktion von CoLaboRadIO:

Bislang dachten wir, dass wir diejenigen seien, die ein Abo besäßen auf Wundertüten und sprunghaftes Agieren, auf Unerklärliches und Inkonsequenzen aller Art. Aber die mabb (s.o.) hat uns – im Rückblick: wieder einmal – eines besseren belehrt.

Was mit der Ausschreibung von gleich sechs UKW-Frequenzen als das Vorspiel zu einer zirkusreifen Nummer von Frequenzjonglage daher kam, entpuppte sich am Ende als historisches Bereinigungsunternehmen.

Nämlich die Bereinigung des UKW-Bandes von seinen nicht-kommerziellen Kompromissen: Mit dem Beschluss vom 24. April (s.o.) beendet der Medienrat der mabb nicht weniger als die Berlin-Brandenburger Geschichte des nichtkommerziellen Rundfunks auf UKW.

Im Dezember hatte der Medienrat entschieden, neben den Frequenzen 104,1 MHz und 106,8 MHz auch sämtliche in der Hauptstadtregion nichtkommerziell genutzten UKW-Frequenzen rein kommerziell auszuschreiben. Konkret waren hier die Frequenzen 88,4 MHz und 90,7 MHz betroffen, die vom Radionetzwerk Berlin und von uns, den Freien Radios Berlin Brandenburg genutzt werden.

Dazu kam die 91,0 MHz, auf der zur Zeit der als „ALEX“ firmierende nichtkommerzielle Offene Kanal sendet. Wenn die Presseerklärung der mabb zur aktuellen Entscheidung also titelt: „Berliner Radiolandschaft wird noch vielfältiger“, dann ist das nicht nur sachlich falsch (dazu gleich mehr), sie vergaß auch hinzufügen: „…und rein kommerziell.“

Immer, wenn die mabb von „Vielfalt“ spricht, ist daran bemerkenswert, dass sie auftragsgemäß, nur die ökonomische Diversifizierung der Werbeträger kommerziellen Rundfunks meinen kann. Doch im aktuellen Fall gibt es eine weitere Wendung.

Denn uns gegenüber rechtfertigt der Medienrat seine Entscheidung, uns die Zuweisung für die UKW 88,4 MHz zu entziehen, mit dem „höheren programmlichen Vielfaltsbeitrag von ByteFM“. Warum nimmt die mabb dann aber auch „ALEX“ von UKW? Weil die Sendeübernahmen von ByteFM-Beiträgen auf „ALEX“ nicht mehr ausgereicht haben?

Nun. Als USP, als sein „Unique Selling Point“ (der noch jedem Herz, das für Marketing schlug, die Frequenz erhöhte) gilt dem Hamburger online-Sender mit Berlin-Filiale – der USP von ByteFM ist „Kritischer Musikjournalismus“. – Tatsächlich schließt das Programm eine Lücke, die, selbst verschuldet, der Öffentlich Rechtliche Rundfunk in diesem Bereich offen lässt oder seit je nie geschlossen hat.

ByteFM aber bleibt ein Musiksender. Diversität, Inklusion, Zugangsoffenheit, Stadtgesellschaft, bürgerliches Engagement etc. werden in der Selbstdarstellung noch nicht einmal erwähnt. Im Gegenteil. Mit der bloßen (und übrigens gar nicht zu belegenden) Behauptung eines „höheren programmlichen Vielfaltsbeitrags von ByteFM“ wirft die mabb ein von ihr selbst als ’88vier.de‘ mit-innitiiertes Projekt aus dem UKW-Band. Ein Projekt, das in puncto Vielfalt bei one-to-many-broadcast in der Region seines gleichen sucht. Denn es ist ein Projekt, dessen ungeheure thematische und soziale Vielfalt sich „notwendig“ (Hegel) in den Programmformaten der Freien Radios Berlin Brandenburg widerspiegelt.

Wie soll, bitte, ein Musiksender einen „höheren programmlichen Vielfaltsbeitrag“ leisten können, als die kombinierte Sendeleistung der Freien Radios Berlin Brandenburg? Wie will ein – und sei er auch noch so gut gemacht – expliziter Musiksender das Ausmaß an formaler und inhaltlicher Heterogeneität (d.i. ‚Vielfalt‘) erreichen, das die Freien Radios Berlin Brandenburg mit ihren selten vorhersehbaren, aber immer bunten Programmbeiträgen Tag für Tag ins UKW-Band zaubern?

Wie soll das gehen? Mehr Vielfalt ohne, beispielsweise: Die afrodiasporischen Netzwerke? Die Mieter/innen-Initiativen? Die in bald kleineren, bald größeren Zusammenhängen agierenden Künstler/innen und Künstler/innengruppen? Nichtamtliche deutsch-polnische Kooperationen? Die Freund/inn/e/n gepflegt selbstorganisierter technischer Netzwerke (freifunkradio, radio.ccc-p.de, mikro.fm u.a.m.)? Und nicht zu vergessen: Ohne die Community der Blinden und Sehbehinderten (Ohrsicht)? Die Freien Radios Berlin Brandenburg haben aktuell allein 14 Sendestudios, und die Anzahl der Redaktionen zählen wir schon seit Jahren nicht mehr.

Aber das weiß auch die mabb. Die uns in ihrer Stellungnahme jedoch vorhält, dass „nur einer der beiden Zuweisungsinhaber, die auf der Frequenz zeit-partigiert senden“, sich um die strikt kommerziell ausgeschriebenen Frequenzen 88,4 MHz und 90,7 MHz beworben haben.

Dabei haben wir in unserer Bewerbung klar zum Ausdruck gebracht, es gehe uns „im Kern darum, den gegenwärtigen Status quo – unser derzeit analog und digital terrestrisch verbreitetes, zugangsoffenes und nichtkommerzielles Radioangebot – auf den o.g. Frequenzen nahtlos fortsetzen zu können“. Und weiter: „Dies gesagt, beantragen wir die ganzwöchige Sendezeit unter dem Vorbehalt, dass es kein ähnlich ausgerichtetes Ansinnen des Radionetzwerkes Berlin gibt.“

D.h. wir wollten keine Konkurrenz sein. Und wir konnten uns, im Falle einer 24/7-Zusage durchaus vorstellen, gemäß der Satzung des fr-bb e.V. die Programmkomponenten des Radionetzwerkes Berlin – so sie dies wollten – in die Anbieter/innen-Struktur der Freien Radios Berlin Brandenburg aufzunehmen.

Die vorliegende Entscheidung des Medienrates finden wir also nicht nur ungerechtfertigt sondern auch ungerecht. Etwa wenn die mabb genau das, was sie uns, den Freien Radios Berlin Brandenburg verwehrt, den ’simulcast‘, d.h. die gleichzeitige Verbreitung des terrestrischen Sendesignals über DAB+ und UKW – nunmehr den kommerziellen Veranstaltern zur Bedingung macht (sic). Diese sollen „jetzt oder zukünftig im UKW/DAB+-Simulcast“ senden. Es gab schon Orakel, die klarer waren.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Mit der Entscheidung vom 24. April zementiert die mabb die Einfalt der kommerziellen Radiolandschaft in der Region. Zudem verzichten Medienrat und mabb darauf, ein (bundesweites) Zeichen für die dritte Säule des Rundfunks zu setzen: Nämlich neben der öffentlich-rechtlichen und der kommerziellen auch eine dritte, nicht-kommerzielle einzuführen.

Im Gegenteil. Mit der aktuellen Entscheidung werden drei UKW-Freqenzen geringerer technischer Reichweite, die aber immerhin seit 16 Jahren nichtkommerziell genutzt wurden, wieder in den Kreislauf der kommerziellen Gelddruckmaschine aka UKW gespeist. Auch die sog. Veranstaltungsfrequenzen, die in den 00er Jahren für 10.000 Euro monatlich von nichtkommerziellen Projekten wie juniradio.net, radioriff, reboot.fm, die-himmlischen-vier, Herbstradio und Radio Einheit gemietet werden konnten, sind nunmehr jeglicher nichtkommerziellen Nutzung entzogen.

Mit dem Radionetzwerk Berlin und Alex, und erst recht mit uns, den Freien Radios Berlin Brandenburg, verschwindet also zum Jahresende endgültig der Vielfaltsbetrag des nichtkommerziellen Rundfunks aus dem Berliner und Brandenburger UKW-Band. Die Region wird damit ärmer. Und dies arm ist – unsexy.

BFR: UKW für die Freien Radios Berlin-Brandenburg

Logo: Bundesverband freier Radios
Logo: BfR

Die Freien Radios Berlin-Brandenburg (FR-BB) sollen Ende 2025 ihren wichtigsten Ausspielweg über UKW verlieren. Das ist die vollendete Tatsache, vor der die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) die Freien Radios mit der Ausschreibung ihrer Frequenzen sowie dem Verkauf des eigentlichen Senders stellt. Eine Entscheidung, der die betroffenen Sender nie zugestimmt haben – auch wenn sie im Rahmen der von den FR-BB stark kritisierten Audiostrategie der MABB nicht überraschend kommt. Der Bundesverband Freier Radios (BFR) verurteilt diese Entscheidung und fordert, dass die MABB den Freien Radios als nicht-kommerzielle Lokalsender auch in den kommenden Jahren einen Sendebetrieb auf UKW ebenso wie auf DAB+ ermöglicht.

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Radio Słubfurt: Nachruf auf Bernd Schwarz

Logo: Radio Słubfurt

Bernd Schwarz – der charmante „Brummbär von Radio Słubfurt– hat uns viel zu früh verlassen.

Für die einen war er ein guter Freund, für die anderen der beste Freund überhaupt. Mit seiner herzlichen, manchmal grummeligen, aber immer liebevollen Art hat er uns alle begeistert und so manche Situation mit einem Augenzwinkern aufgelockert. Als Kollege und Mentor war Bernd unverzichtbar.

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FR-BB: Stellungnahme zur Audio-Strategie der mabb

Bild: Pi Radio

Als Verein der Freien Radios Berlin und Brandenburg sind wir im nichtkommerziellen Lokalfunk Community Radios dezentral in unserer Region mit unterschiedlichen Perspektiven angesiedelt, die sich aus den jeweils lokalen Voraussetzungen ergeben. Im Stadtgebiet Berlin, Potsdam und Frankfurt (Oder) gibt es z.B. NKL-UKW-Sender, in dem Rest Brandenburgs bisher nicht.

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FR-BB: Welche Medienpolitik verdienen Freie Radios?

Diskussion mit den medienpolitischen Sprecher:innen vor der Berlin-Wahl.

Quo vadis Medienpolitik in Berlin und Brandenburg nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 26. September 2021?

Radio-Kiosk im Haus der Statistik am 23. Juni 2021 zwischen 18:00 und 19:00 Uhr im Rahmen unserer Sendung „Berliner Runde“ mit Notker Schweikhardt, medienpolitischer Sprecher der Grünen, Tobias Schulze, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und netzpolitischer Sprecher der Partei die.Linke, Christian Goiny, medienpolitischer Sprecher der CDU, Stefan Förster, medienpolitischer Sprecher der FDP.

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Studio Ansage: Silvio-Meier-Preis 2021 für Studio Ansage und Wo ist unser Denkmal?

Bild: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg

Am 23. Juni 2021 um 18:00 Uhr fand die Verleihung des Silvio–Meier–Preises vor dem Jugendwiderstandsmuseum, Rigaer Str. 9/10 statt.

Die diesjährigen Preisträger*innen sind Studio Ansage und die Initiative Wo ist unser Denkmal? (Mahnmal in Gedenken an die Opfer von Rassismus und Polizeigewalt am Oranienplatz).

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FR-BB: Radiokunst-Festival von Datscha Radio

Listening to the Universe – Radiophonien des Alls

Bild: Datscha Radio

Vom 11. August um 14:04 Uhr bis 13. August 2020, 14:00 Uhr.

Jedes Jahr schmückt sich im August der Nachthimmel der westlichen Hemisphäre mit den Meteorschauern der Perseiden. Datscha Radio nimmt dieses astronomische Spektakel als Ausgangspunkt für ein 48-stündiges Radiokunst-Festival. Sendestart ist der Monduntergang am 11. August 2020 um 14:04 Uhr.

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FR-BB: Eröffnung des neuen Studios im Haus der Statistik

Am 31. März 2020 haben wir im Haus der Statistik das 15. Studio der Freien Radios in Berlin-Brandenburg eröffnet. Eine ursprünglich geplante öffentliche Veranstaltung und Einweihungsparty vor Ort konnte pandemiebedingt zwar leider nicht stattfinden. Wir konnten aber mit genügend Abstand und extra eingebauter Corona-Schutzwand vier Stunden live aus unserem neuen Studio senden und so jene alte und gerade in Kontaktverbotszeiten wichtige Form der öffentlichen Veranstaltung leben, die uns am Herzen liegt.

Für alle, die am 31. März 2020 das Geschehen nicht live im Äther mitverfolgen konnten, ist die Premiere der Freien Radios im Haus der Statistik jetzt online nachzuhören.

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BFR: Zukunftswerkstatt Community Media 2019 in Rostock

Einmal im Jahr trifft sich der deutsche Bundesverband Freier Radios an wechselnden Orten. Gastgebend ist jeweils ein Mitgliedsradio oder eine Radioinitiative.

In diesem Jahr fand der Kongreß bei Radio LOHRO in der Hansestadt Rostock statt.

Von Donnerstag, den 7. November bis Sonntag, den 10. November 2019 trafen sich dort etwa 150 freie Radiomachende im Rahmen der Zukunftswerkstatt Community Media 2019.

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AFF/BFR: Radiocamp 2019 in Markelfingen

Logo: Radiocamp 2019

Direkt am idyllischen Ufer des wunderschönen Bodensees veranstalten Radiomacher_innen verschiedener Freier Radios einmal im Jahr ein Camp, das nunmehr seit 1995 freie Radioaktive zum Kreativ-werden, Lernen, Plaudern, Kontakte knüpfen und Produzieren einlädt: das Radiocamp auf dem Gelände des DGB-Jugendcamps in Markelfingen.

  • Zeitraum ist der 29. Mai bis 2. Juni 2019.

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